„Ich baue, was ich glaube“ lautete die Schaffensdevise des Großmeisters Dominikus Böhm. Die 1931 nach seinen Plänen erbaute Kirche St. Josef im oberschlesischen Zabrze zeugt auf eindrucksvolle Weise von seinem Verständnis der Sakralbaukunst und seiner persönlichen Art ihrer Umsetzung.
Von den verwendeten Baumaterialien über Einzelelemente bis hin zur Gesamtform – St. Josef ist voller Symbolik, die nochmals überhöht wird in ihrem Zusammenspiel. Dabei verbindet sich die kraftvolle Präsenz des Raums mit einer berührenden Form von Stille. Beides zusammen wirkt erhebend und schlicht zugleich. Das Sakrale verbindet sich mit dem menschlichen und findet im Einfachsten sein Symbol: So stehen die Backsteine mit ihren unterschiedlichen Rottönen für die Vielfalt einer „lebendigen Kirche“, die getragen wird von jedem Einzelnen.
Die Kunst, Licht als Baustoff zu verwenden, wird von Böhm auch in dieser Kirche meisterhaft gestaltet. Das Licht der Rundbogenfenster fällt auf Wände, die in den Raum ragen. Der Hauptraum wird durch sie vor dem Außenlicht geschützt. Es entsteht eine meditative Lichtstille, aus der heraus der Blick des Einzelnen direkt auf den Chor geleitet wird. Ein anderes Beispiel für den zeichenhaft gestalteten Raum ist der Weg zum Altar (Golgatha): 12 Stufen – jeder Apostel, ein Schritt auf dem Weg.
Was aber könnte der Grundgedanke hinter dieser Symbolvielfalt sein? Wenn Sie auf den Haupteingang zugehen, können Sie ihn sehen: Vor dem an altchristliche und romanische Kirchen angelehnte Atrium (Paradies) steht eine monumentale Arkadenwand. Das Arkadenmotiv wiederholt sich mehrfach im Innenraum. Es ist das baulich prägende Element der Kirche. Aber worauf weist es hin? Es erinnert uns an mittelalterliche Aquädukte. Aquädukte werden gespeist aus einer Quelle – so wie das Leben der Gläubigen auch.
1933 wurde in Chicago auf der Ausstellung „Century of Progress“ ein Modell der Kirche St. Josef präsentiert. Weitere Ausstellungen folgten. Die Fachpresse reagierte. 1935 erschien in „Architectural Forum“ ein Artikel, der die herausragenden Merkmale der sakralen Baukunst des Dominikus Böhm auf den Punkt brachte: „Religiöse Innbrunst wird durch das Erhabene dieser Schlichtheit angesprochen, und die emotionale Kraft des Ritus erreicht in Abwesenheit kunstvoller Motive und Ornamente neue Höhen.“