St. Pius X

Hohenstein-Ernstthal , Deutschland

Architekt

Bauzeit

1996 – 1998

Man könnte meinen, das Patrozinium der Kirche ist das architektonische Anti-Programm seiner selbst. Papst Pius X. – ein strenger, konservativer Dogmenhüter und bekennender Antimodernist – war paradoxerweise zugleich ein Mitinitiator und ein eifriger Befürworter der Bewegung zur Erneuerung der Liturgie. Aus dieser Bewegung heraus entwickelte sich unter anderem die Idee des „Einraums“ – eine bahnbrechende Abkehr von den bisherigen Praktiken des bis dato eher rückwärts orientierten Sakralbaus.

Diese Idee in Materie umzuwandeln gelang schließlich auf eine geniale Art Peter Böhms Großvater Dominikus. Die St. Engelbert Kirche in Köln gilt bis heute als eine der Ikonen des Modernismus.

Peter Böhm trägt den Gedanken des Einraums in die Gegenwart. Das von ihm entworfene Konzept eines Kirchenbaus wurde 1992 als deutscher Beitrag unter großem internationalen Interesse auf der Architektur Biennale in Venedig vorgestellt. In etwas abgewandelter Form wurde der Entwurf umgesetzt und 1998 in Hohenstein-Ernstthal erbaut.

Böhms Triptichon-Bau scheint wie eine moderne Allegorie auf die mittelalterliche Altarform. Die drei riesigen Omegas führen uns optisch wie sinnbildlich von der Kirchenfassadenwand aus über den Eingang zum Hauptschiff bis hin zur Altarinsel. Der Eindruck der Klarheit und Transparenz wird durch einen plastisch geführten Lichteinfall potenziert. Ergänzt durch Baustoff, Struktur, Teilung, Form und Farbe entsteht so der Raum einer harmonischen Symbiose mit Sacrum. Eine erlebbare Gestalt der Dominikus-Böhm-Worte „Raum ist Sehnsucht“.